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Univ.-Prof. Dr. Wilfried Datler
Vielen Dank Herr Raisinger!
                     
Der Standard, 9.12.2001

Vielen Dank, Herr Dr. Rasinger!

Wer kennt sie nicht – die Interviews, in denen Politiker mit großen Worten die wahren Beweggründe und Leitlinien ihrer Politik zu verbergen trachten. Wer kennt sie nicht – die politisch Mächtigen und ihre Sprecher, die in wohlklingende Phrasen abzulenken versuchen von den wahren Intentionen und Folgen ihrer politischen Entscheidungen.

Doch halt – nicht alle handeln gleich! In der Nacht vom 5. zum 6. Dezember konnte man im ZiB3 Zeuge eines Gesprächs werden, in dem Dr. Rasinger als Sprecher der ÖVP mit unverblümter Offenheit erläuterte, weshalb „Wissenschaftliche Mitarbeiter“ an Universitäten künftig für ihren 40-Stunden-Job ganze 14.000,- ATS Grundgehalt bekommen werden: „Wissenschaftliche Mitarbeiter“, welche ein Studium abgeschlossen haben, zumindest über ein Magisterium verfügen und sich auf der ersten Stufe ihrer wissenschaftlicher Karriere befinden, erhalten deshalb so wenig Grundgehalt, weil sie laut Dienstrecht die Hälfte ihrer Zeit für selbständiges wissenschaftliches Arbeiten verwenden können. Das muß man sich vor Augen halten: Weil vollbeschäftigte „Wissenschaftliche Mitarbeiter“ in der Hälfte ihrer Dienstzeit forschen und damit jene Leistungen erbringen dürfen, welche die Universität per Gesetz zu erbringen hat, erhalten sie eine Entlohnung, die geringer ausfällt als die eines halbbeschäftigten Nachhilfelehrers!

Wie weggewischt ist damit die Rede davon, daß das neue Dienstrecht der „Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“ dienen soll – denn es wäre ein Hohn, würde man die Entlohnung eines vollbeschäftigten Jungakademikers mit 14.000,- als besondere Förderleistung begreifen wollen. Aufgegeben ist offensichtlich die Absicht, das neue Dienstrecht möge einen Anreiz dafür abgeben, daß die Besten der Besten an die Universitäten kommen – denn keiner der Besten wird für 14.000,- an die Universität gehen, wenn ihm gleichzeitig in der Wirtschaft das Doppelte und mehr geboten wird. Und abgerückt wird einmal mehr von der Vorstellung, daß autonom durchgeführte Forschung an der Universität im öffentlichen Interesse liegt und somit auch durch Steuermittel finanziert werden soll: Wenn Jungwissenschaftler für die gesetzliche Verankerung ihres Rechts auf autonome Forschung in der Hälfte ihrer Dienstzeit damit „bezahlen“ müssen, daß ihr Grundgehalt im Vergleich zum früheren Gehaltsschema um nahezu ein Drittel auf 14.000,- gekürzt wird, so entspricht dies durchaus der Regierungslinie: Selbständige Forschung an der Universität wird zum gering bezahlten Hobby und somit zusehends zur Privatangelegenheit erklärt, deren Erledigung allerdings regelmäßig evaluiert und an international üblichen Standards gemessen wird. Hauptsache, es wird gespart!

Daß Dr. Rasinger dies unmißverständlich deutlich gemacht hat, dafür dient ihm Dank!


Univ.Prof. Dr. Wilfried Datler
Institut für Erziehungswissenschaft
Universitätsstraße 7
1010 Wien

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