Gute wissenschaftliche Praxis bei Abschlussarbeiten und im Studium

Die Universität Wien setzt nicht nur technische Instrumente (Plagiatssoftware) ein, um die Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis zu überprüfen, sondern arbeitet intensiv daran, für das Thema entsprechend zu sensibilisieren. Die Bewusstseinsbildung sowohl bei den Studierenden als auch bei den Lehrenden ist einer der zentralen Ansprüche der Universität.

Die Überprüfung auf Plagiate erfolgt sowohl über die Betreuer*innen als auch zusätzlich auf Ebene der Studienprogrammleitungen. Alle Lehrenden haben in Ausübung ihrer Lehrtätigkeit auf die gute wissenschaftliche Praxis zu achten. Zur Absicherung dieser laufenden Qualitätskontrolle wird bei Abschlussarbeiten eine elektronische Überprüfung auf Textgleichheiten durchgeführt. Diese Prüfung ist auf der Ebene der Studienprogrammleitungen angesiedelt.

Plagiatsvorwürfe bei allen Abschlussarbeiten (und nicht nur bei Dissertationen) werden vom Studienpräses der Universität Wien bearbeitet.

Es gibt auch die Möglichkeit für (Selbst-)Anzeigen von Plagiaten. An der Universität Wien kam dies in den vergangenen Jahren durchschnittlich drei bis vier Mal pro Jahr vor. Es wird sofort geprüft, ob die Plagiatsanzeige gerechtfertigt ist. Sofern sich der Verdacht bestätigt, wird ein Plagiatsprüfungsverfahren eingeleitet – insbesondere in dieser Phase werden (externe) Fachexpert*innen hinzugezogen. Die Universität Wien kooperiert in diesem Zusammenhang auch mit der österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität.

Seit dem Wintersemester 2005/06 gab es 53 Verfahren, davon wurden 26 akademische Grade aberkannt.

Bewusstseinsbildung

Die Universität Wien informiert die Studierenden über die „Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis" (Wie zitiere ich richtig? Was ist ein Plagiat? etc.). Jeder Lehrende bestätigt mit der Unterschrift auf den Betrauungsdekreten für jedes Semester explizit, dass sie oder er sich der Pflicht bewusst ist, die Studierenden über korrektes wissenschaftliches Arbeiten zu instruieren.

Informationen zu "Was ist ein Plagiat?" finden Studierende und Lehrende auf der Website des Studienpräses der Universität Wien.

Elektronische Überprüfung

Im Sinne der Qualitätssicherung werden alle wissenschaftlichen Abschlussarbeiten der Universität Wien auf mögliche Plagiate geprüft. Die Entscheidung über die Freigaben einer Arbeit zur Beurteilung liegt bei den den Studienprogrammleitungen (SPL) bzw. den Betreuer*innen. Vorbereitet wird dieser Prozess durch einen automatisierten Workflow: Studierende laden ihre Abschlussarbeiten selbst in ein Prüfsystem hoch. Mit Hilfe dieses Programms wird innerhalb von 24 Stunden eine erste Überprüfung auf Textgleichheiten durchgeführt und ein entsprechender Bericht erstellt. Daran anschließend erfolgt die Überprüfung durch die Studienprogrammleitungen, die im Verdachtsfall Maßnahmen einleiten.

Eine Textgleichheit bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass ein Plagiat vorliegt. Im Gegenteil: Bei einem korrekt ausgewiesenem Zitat ist die Textstelle ebenfalls gleich – aber eben mit einem Quellenbeleg versehen und damit ein korrektes und zulässiges Zitat. Die abschließende Beurteilung, ob ein Plagiat vorliegt oder ob die Textgleichheiten aufgrund korrekter Zitierweise zustande gekommen sind, kann also nicht ausschließlich aufgrund einer elektronischen Überprüfung auf Textgleichheiten getroffen werden, sondern verlangt die Expertise von fachkundigen Personen.

Schließlich ist bei einem Plagiat auch zu prüfen, ob Voratz vorliegt, ob also Studierende das Plagiat mit dem Ziel verfasst haben, sich eine Leistung zu erschleichen.

Bewertung

Die oben erwähnten, automatisierten Berichte auf Basis der elektronischen Überprüfung beurteilen die Studienprogrammleiter*innen (SPL) nach folgender Bewertungsskala:

  • Arbeit wird freigegeben – Beurteilung der Arbeit ist möglich.
  • Arbeit nach Plagiatsprüfung zurückgewiesen – SPL hat Mängel in der Zitierweise oder fehlende Zitate festgestellt – Arbeit darf korrigiert werden.
  • Plagiat – das Ausmaß unzitierter Textpassagen lässt ein Verbessern nicht mehr zu – die Arbeit wird zurückgewiesen, der Studienpräses ist einzuschalten, als Konsequenz ist ein neues Thema zu bearbeiten.

Studierende können nicht der Universität verwiesen werden; sie können lediglich dazu aufgefordert werden, eine neue Arbeit zu verfassen.

Entscheidungsparameter für mögliche Aberkennungen

Grundsätzlich ist festzuhalten: Die Universität Wien bekennt sich uneingeschränkt zur Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis und toleriert kein wissenschaftliches Fehlverhalten ihrer Angehörigen. Nachdem sie von einem Verdachtsfall Kenntnis erlangt hat, leitet sie ein Prüfverfahren zur Arbeit ein. Die Entscheidung, ob das Fehlverhalten ausreichend schwerwiegend ist, dass dies in Folge zur Aberkennung eines akademischen Grades führt, wird im Einzelfall getroffen und basiert auf der sorgfältigen Berücksichtigung der angeführten Aspekte auf Basis der eingeholten Gutachten. Vergleiche zwischen verschiedenen Plagiatsfällen sind nur sehr selten möglich oder wissenschaftlich zulässig.
 
Das Ergebnis ist in der Regel ein Abwägen von verschiedenen Parametern, das insbesondere den Umfang und den Vorsatz des Fehlverhaltens berücksichtigt. Auch wenn der Umfang der plagiierten Stellen natürlich zur Beurteilung herangezogen wird, ist der Prozentsatz der plagiierten Stellen im Verhältnis zur gesamten Arbeit allein keinesfalls eine ausreichende Entscheidungsgrundlage.

 

Folgende Fragen/Aspekte werden u.a. für die Einordnung einer Abschlussarbeit als Plagiat herangezogen:

  • Welchen Umfang hat das Plagiat? (u.a. ist das Ausmaß quantitativ wesentlich?)
  • Welche Bereiche der Abschlussarbeit beinhalten plagiierte Stellen? (abgestimmt auf Forschungsarbeit und Disziplin, insb. handelt es sich um zentrale Ergebnisse)
  • Liegt ein sogenanntes "werkprägendes Plagiat" vor?
  • Lässt sich in den plagiierten Stellen eine Täuschungs- bzw. Irreführungsabsicht erkennen?