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Zitieren sie diesen Text bitte folgendermaßen:

Thaler, Andreas:

Buchbesprechung von Robert W. Connell: Der gemachte Mann. In: Webportal für die Geschichte der Männlichkeiten des Instituts für Geschichte der Universität Wien,

http://www.univie.ac.at/igl.geschichte/maennergeschichte/rezensionen/connell_01.htm



Robert W.Connell: Der gemachte Mann

 

Robert W. Connell, Professor für Soziologie an der University of Sydney beschäftigt sich in diesem Buch mit verschiedenen Formen von Männlichkeit und stellt diese in einen breiten gesellschaftlichen Zusammenhang. Der Titel der Cambridger Orginalausgabe von 1995 „Masculinities“ fasst genau dies in einem Wort zusammen.
Einen besonderen Schwerpunkt legt Connell dabei auf die Homosexualität und auf Möglichkeiten einer Änderung der eigenen Männlichkeit. Ein zentraler Begriff in dem Buch von Connell ist zudem die Theorie der sogenannten „hegemonialen Männlichkeit“, welche Connell 1985 erstmals vorstellte und seitdem mehrfach umformuliert und erweitert hat. Mit hegemonialer Männlichkeit bezeichnet Connell das aktuell weitgehend akzeptierte Konzept der Legitimation des Patriarchats. Dabei ist die hegemoniale Männlichkeit nach Connell gegenwärtig durch technisches Know-how oder Befehlsgewalt, die auch zusammenwirken können, bestimmt. Wichtig ist hierbei, dass Connell keineswegs Hegemonie notwendigerweise mit vollständiger Kontrolle gleichsetzt.
Während seit Jahren die Rolle der Frauen in der Geschichte untersucht wird, stehen Forschungen und Untersuchungen zur Bedeutung der Männer in der Geschichte aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive noch weitgehend aus. Und dies obwohl sich die Geschichtsschreibung seit ihrer Etablierung und Anerkennung als Wissenschaft implizit durchaus mit der Geschichte von Männern, mit von Männern entwickelten Ideen oder von Männern geführten Kriegen beschäftigt hat. Der feministischen Wissenschaftskritik ist es unter anderem zu verdanken, dass seit dein 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf dieses Manko der Geschichtswissenschaft hingewiesen wurde.

Das Buch „Der gemachte Mann“ ist in drei große Teile geteilt: Wissem im Wiederstreit, Vier Untersuchungen der Männlichkeitsdynamik, sowie Geschichte und Politik. Der erste Teil beschäftigt sich mit unterschiedlichen Theorien über Männlichkeit. Das Spektrum reicht von der Psychoanalyse bis zu den modernen Sozialwissenschaften. Auch jene, welche von politischen Bewegungen wie beispielsweise der Schwulenbewegung hervorgebracht wurden, werden angesprochen. Connell geht dabei davon aus, dass unsere Gesellschaft von einer ständigen Zweiteilung der Geschlechter und der ständigen Thematisierung der Geschlechtlichkeit von Personen bestimmt ist. Im zweiten Teil beschäftigt sich Connell mit vier männlichen Untersuchungsgruppen, die er aus der australischen Bevölkerung ausgewählt hat und mit denen er biografische Interviews geführt hat. Dabei versucht er deren Männlichkeit zu analysieren, ihre Lebenserfahrungen mit sozialen Strukturen in Beziehung zu setzen und dadurch die Heterogenität und die Wandelbarkeit von Männlichkeiten auszumachen. Im dritten Teil des Buches schließlich betrachtet Connell ein wenig das historische Entstehen und den Wandel heutiger Männlichkeitskonzepte in westlichen Gesellschaften und diskutiert sogenannte „Männlichkeitspolitik“.

Connell unterstreicht in seinem Buch, dass Männlichkeiten nur innerhalb eines komplexen Geschlechterverhältnisses existieren und historisch und kulturell unterschiedlich sein können. Im Laufe seines Buches kommt Connell weiters zu dem Schluss, dass Homoerotik im Laufe der Zeit aus dem Männlichkeitskonzept ausgegliedert wurde und einer abweichenden, abgewerteten Gruppe zugeordnet wurde, dem Typus des „Homosexuellen“. Auf der anderen Seite sei ein Typus des „Heterosexuellen“ jedoch nicht konstruiert worden. Heterosexualität wurde aber nach Connell zu einem notwendigen Bestandteil von Männlichkeit. Er weist dabei auch darauf hin, dass die hegemoniale Männlichkeit Homosexualität unabhängig davon ausschließt, wie sich homosexuelle Männer selbst wahrnehmen. Homosexualität zählt Connell im aktuellen Kontext also zu den sogenannten untergeordneten Männlichkeiten. Seiner Meinung nach stellt die homosexuelle Männlichkeit die größte Opposition gegenüber der hegemonialen Männlichkeit dar. Diese Aussage trifft sicherlich auf die Schwulenbewegung der 70er und 80er des letzten Jahrhunderts zu, die unter anderem mittels ihres „Fummels“ die herrschende Geschlechterordnung angriff. Ob sie aber auch noch auf die heutige Zeit zutrifft, ist fraglich.

Negativ anzumerken ist weiters, dass Connell vorwiegend von der homosexuellen Männlichkeit spricht, obwohl durchaus verschiedene Formen der homosexuellen Männlichkeit existieren. Zudem ist zu bemängeln, dass im ersten Teil die Zusammenfassung unterschiedlicher Theorien über Männlichkeit etwas zu kurz geraten ist und diese Theorien daher zu schematisch wirken.
Positiv anzumerken ist Connell, dass der Text recht einfach und verständlich geschrieben ist und er beim Leser nicht zu viel voraussetzt. Zudem lockert Connell im zweite Teil den Text auf, indem er ihn mit einigen Auszügen aus den Interviews bespickt, und ihn damit gleichzeitig besonders leserfreundlich macht.

Connels Theorie ist insgesamt gesehen also sehr vielschichtig und lebendig und kann trotz der genannten Mängel hilfreich und anregend sein, sich ein wenig genauer mit Männlichkeitsgeschichte und Geschlechtergeschichte auseinanderzusetzen und sich eigene Gedanken dazu zu machen. Somit könnte es Connell gelingen, etwas für den Wandel der hegemonialen Männlichkeit und des hierarchischen Geschlechterverhältnisses beizutragen. Dies wäre eines seiner Ziele.

Literatur

Connell, Robert W.: Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeiten (übersetzt von Christian Stahl). Hrsg. und mit einem Geleitwort versehen von Ursula Müller. Leske und Budrich, Opladen 1999.