Das Problem der Finanzen
Im Sommer 1789 kam es zur Einberufung der Generalversammlung durch
den König, nachdem sie seit Ludwig XIV., 1614, nicht mehr getagt
hatte, doch die völlig zerrütteten französischen Finanzen
ließen dem König keine Wahl. Die Eröffnungsprozession
fand am 5. Mai 1789 statt. Durch die Verdoppelung der Abgeordnetenzahl
sowie durch Überläufer aus den beiden ersten Ständen
konnte der Dritte Stand seine nationalen, demokratischen Grundsätze
durchsetzen (Reichardt,
40).
Am 17. Juni 1789 wurde die Generalversammlung, die die Klassen
repräsentierte, zur Nationalversammlung umgewandelt und sich somit
zum Gesamtrepräsentanten des französischen Volks erhob (French
Revolution, 2). Am 20. Juni kam es zum so genannten Ballhausschwur,
indem die neu formierte Nationalversammlung schwor, nicht eher auseinander
zugehen, bis Frankreich eine Verfassung habe. In der "Opfernacht
der Privilegierten" (4./5.8.) kam es zur Abschaffung des Feudalsystems
und der Privilegien, auch die Kirche verzichteten "großmütig"
auf den Kirchenzehnten. (Schleich,
179)
Am 26. August 1789 hatte die Nationalversammlung die Erklärung
der Menschen- und Bürgerrecht verabschiedet, nachdem man sich -
nach heftigen Debatten über den Status der katholischen Staatskirche
- auf einen Kompromiss geeinigt hatte. Die Staatsreligion wurde abgeschafft,
aber der Katholizismus als Glauben der Mehrzahl der Franzosen definiert.
(Uni
Würzburg, 24)
Die finanzielle Notlage hatte sich nach der Einberufung der Generalstände
nicht verbessert. Der Aufruhr in den Städten und auf dem Lande
wirkte sich für die Staatsfinanzen katastrophal aus, zusätzlich
weigerten sich die Bauern Steuern zu zahlen. Mit Beschluss vom 29. September
1789 griffen die Verfassungsgeber nach den Kirchenschätzen. Der
Bischof von Autun, Charles-Maurice de Talleyrand, der sich auf die Seite
der Revolution stellte, als er sah, dass diese Erfolg haben würde
(Uni
Würzburg, 24), schlug schließlich am 10. Oktober 1789
vor, das Eigentum der Kirche der Nation zur Verfügung zu stellen.
Es entwickelte sich daraufhin eine heftige Debatte, auf der man einerseits
auf die Unverletzlichkeit und Heiligkeit des Eigentums hinwies, während
die andere Seite den Klerus nicht als Eigentümer sondern lediglich
als Verwalter seiner Güter darstellte. Die Einkünfte der Besitzungen
seien für wohltätige Stiftungen und gemeinnützige Zwecke
wie Krankenhäuser, Schulen und Gottesdienst gewidmet und nachdem
der Staat diese Aufgaben nun selbst übernahm, schien es legitim,
dass seine Güter wieder an ihn zurückfielen. (Soboul,
142)
Mit Dekret vom 2. November 1789, das mit einer deutlichen Mehrheit angenommen
wurde, sollten alle kirchlichen Güter der Nation zur Verfügung
gestellt werden. Der Staat verpflichtete sich jedoch in angemessener
Weise für die Unterhaltung der Kirchen, die Priesterbesoldung und
die Unterstützung der Armen aufzukommen (Uni
Würzburg, 24). Die Krondomänen, mit Ausnahme der Wälder
und Schlösser, sollten ebenfalls verkauft werden. Im März
1790 setzte der Verkauf der Nationalgüter ein (Soboul,
142).
Inhalt des Dekrets vom 2. November 1789