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Exhibition Poster, Photo: Dhankar, V. Widorn 2002 (WHAV)
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Discovering Tibet (Klimburg-Salter 2015)
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Impressions from the Exhibition Opening, Photo: Seifert 2017

Welcome

This is the online version of the exhibition »Entdeckungsreisen durch Tibet und den Westlichen Himalaya« originally prepared by members of CIRDIS for the presentation of the book Discovering Tibet: The Tucci Expeditions and Tibetan Paintings (Deborah Klimburg-Salter 2015).

The book presentation was accompanied by an opening address by Martin Gaenszle and lectures from John Clark (Victoria & Albert Museum) and Hildegard Diemberger (University of Cambridge) and also marked the opening of the three week long exhibition. Impressions of the event can be found in CIRDIS' "News and Events"-section.

As the original exhibition has been prepared for a German speaking audience all subsequent pages will be in German for the time being. We aim at providing an english version of the online exhibition in the near future.

Credits

Verena Widorn concept, texts, organisation, installation

Petra Latschenberger installation, organisation; Uwe Niebhur texts; Jürgen Schörflinger texts, installation, design and implementation of the online-exhibition; Jan Seifert texts, print-design, installation

Image Credits

All images either belong to the Western Himalaya Archive Vienna (WHAV) or have been been published in Discovering Tibet: The Tucci Expeditions and Tibetan Paintings (Klimburg-Salter 2015) and are used by courtesy of the photographic archive of the Museo Nazionale d‘Arte Orientale.

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Ausstellungsposter I

Giuseppe Tucci (1894–1984)

Der italienische Orientalist Giuseppe Tucci (5. Juni 1894 bis 5. April 1984) war eine der prägendsten Figuren in der Dokumentation und Erforschung der tibetischen Kultur und des Himalayagebiets. Wie kaum ein anderer Reisender vor ihm, setzte er sich intensiv mit der Geschichte des Landes, seiner Sprache, Kunst und Religion auseinander und war Wegbereiter für zahlreiche Tibetologen, Buddhismusforscher und Kunsthistoriker. Unzählige Kunst- und Ritualobjekte, die er von seinen Reisen mitbrachte, befinden sich heute in privaten Sammlungen und öffentlichen Museen weltweit. Eine umfangreiche und wertvolle Sammlung von tibetischen Rollbildern, die Tucci auf seinen Expeditionen erwerben konnte, beherbergt das Museo Nazionale d‘Arte Orientale, Giuseppe Tucci in Rom, wo sie seit kurzem in restauriertem Zustand bestaunt werden konnten. Ebenso umfassend ist auch die fotografische Dokumentation, die auf den Reisen entstand und die ein wichtiges Zeugnis von heute zum Teil zerstörten oder verfallenen Kulturdenkmälern darstellt. Diese Fotografien von den Forschungsreisen Giuseppe Tuccis und seiner Weggefährten stammen aus dem Fotoarchiv des Museo Nazionale d‘Arte Orientale und sind in Teilen im Katalog »Discovering Tibet: The Tucci Expeditions and Tibetan Paintings« (Herausgeber Deborah Klimburg-Salter 2015) publiziert.

Die Ausstellung soll einen kleinen Überblick über die Reisen Giuseppe Tuccis und ihre Bedeutung – vor allem für die kunsthistorische Forschung in Asien – liefern und gleichzeitig über rezente Forschungsaktivitäten im Himalaya, die in den letzten Jahren an der Universität Wien durchgeführt wurden, informieren. Die gezeigten Bilder und Objekte stammen zum Großteil aus dem Western Himalaya Archive Vienna (WHAV), welches am Institut für Kunstgeschichte verortet ist. Drittmittelgeförderte Projekte an der Universität Wien haben in den letzten drei Jahrzehnten eine große Anzahl an Dokumentationsmaterial hervorgebracht, welches unter anderem im WHAV wissenschaftlich aufbereitet und im Sinne einer Langzeitarchivierung dauerhaft bewahrt wird. Die Erschließung und Bereitstellung der mehr als 150000 analogen und digitalen Medien für Forschende, Lehrende, Studierende und Interessierte aus dem In- und Ausland, ist dabei ein zentrales Anliegen des Archivs. Die Sammlung vereint Feldforschungsdokumentationen von mehr als 30 Personen unterschiedlicher Disziplinen und beinhaltet neben dem Fokus auf den Großraum Himalaya auch Bildmaterial zu anderen Gebieten in Süd-, Südost- und Zentralasien, wie Indien, Pakistan, Afghanistan, China, Nepal, Burma, Kambodscha und Indonesien.

Bildnachweis

(von oben nach unten und links nach rechts) Tsarong und Guiseppe Tucci, August 1948, Foto: Prodhan // Kloster Tholing 1933, Foto: Eugenio Ghersi // Kloster Shalu, Shigatse 1939, Foto: Felice Boffa Ballaran // Die Festung Shigatse 1939, Foto: Felice Boffa Ballaran // Kloster Sakya, Innenansicht 1939, Foto: Felice Boffa Ballaran // Tholing 1988, Foto: Jaroslav Poncar (WHAV) // Shalu 2009, Foto: Verena Ziegler (WHAV) // Shigatse 2009, Foto: Petra Müller (WHAV) // Sakya, Altar 2009, Foto: Verena Ziegler (WHAV)

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Ausstellungsposter II

Die Reiserouten

Die erste Indienreise führte Giuseppe Tucci nach Santiniketan in West Bengalen, wo er ab 1925 an der vom Literaturnobelpreisträger Rabindranath Tagore gegründeten Vishwa-Bharati-Universität Tibetisch und Buddhismuskunde studierte. Zusammen mit Chinesisch und Sanskrit, welches er sich autodidaktisch bereits als Jugendlicher vor seinem Studium an der Universität La Sapienzia in Rom beibrachte, bildeten diese Sprachkenntnisse eine wichtige Voraussetzung für Tuccis Studien alter tibetischer Texte und Inschriften, aber auch für sein Verständnis von Kunst, Kultur und Geschichte Indiens, Tibets und Nepals. Fast drei Jahrzehnte, von 1926 bis 1954, reiste der passionierte Forscher und Sammler quer über das Hochgebirge des Himalayas – vom indischen Subkontinent zum Tibetischen Hochland. Fünf Expeditionen führten ihn in abgelegenste Gebiete Nepals; weitere neun Reisen durch Indien und Tibet, von Srinigar in Kashmir bis West Tibet und nach Lhasa.

Bildnachweis

(oben) The Routes of Tuccis's Expeditions. Karte: Institut für Geographie und Regionalforschung, 2014 // (links) Guiseppe Tucci im Feldlager beim Ordnen vermischter Manuscripte. Tibet, Miang, 1933 Foto: Eugenio Ghersi // (rechts, von oben nach unten) Tuccis Expedition, eine Schlucht herabsteigend. Indien, zwischen Kioto und Kibbar, 1933 Foto: Eugenio Ghersi // Überquerung des Nyan gchu. Tibet, Ngari, 1939 Foto: Felice Boffa Ballaran // Marktstände in Sakya. Tibet, Tsang, 1939 Foto: Felice Boffa Ballaran

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Ausstellungsposter III

Die Fotografische Dokumentation

Etwa 14  000 Negative, Abzüge, Postkarten und Dias von Tuccis Reisen durch Asien befinden sich heute im Fotoarchiv des Museo Nazionale d‘Arte Orientale. Es scheint, dass die Fotografien der ersten Expeditionen zwischen 1925 und 1932 von Giuseppe Tucci oder seiner zweiten Frau Giulia Nuvoloni angefertigt wurden, da sie eine gewisse Laienhaftigkeit erkennen lassen. Die Reisen von 1933 durch Himachal Pradesh und von 1935 von Kashmir über Ladakh nach Westtibet wurden hingegen von Kapitän Eugenio Ghersi, einem italienischen Marinearzt, begleitet, der eine äußerst sorgfältige und strukturierte Methode der Feldforschungsdokumentation entwickelte. Systematisch fotografierte er Baudenkmäler zuerst von Außen und danach innen – immer akribisch darauf bedacht, verschiedene Einblicke auf Dekoration und Innenraum nicht zu vermischen. Weitere fotografierende Begleiter waren Fosco Maraini (1937), Felice Boffa Ballaran (1939) und Pietro Francesco Mele (1948), die alle mit den gleichen technischen Tücken und den schwierigen Bedingungen vor Ort bei der Aufnahme in fast dunklen Klosterräumen rangen. Die Filme wurden fast jeden Abend vor Ort im Zeltlager entwickelt, zum einen, um die Qualität der Aufnahme noch vor der Heimkehr nach Italien überprüfen zu können, zum anderen, um die Gastfreundschaft der lokalen Bevölkerung mit Porträts zu entlohnen. Dokumentiert wurden nicht nur religiöse Bauwerke und ihre Ausstattung wie Altäre, Ton- und Metallskulpturen, Thangkas oder illuminierte Handschriften für wissenschaftliche Untersuchungen, sondern auch Land, Leute und Alltagsleben – für populärwissenschaftliche Veröffentlichungen.

Bildnachweis

(oben) Die Bergkette des Chomolhari, gesehen von Dochen (Folge von 5 Einzelbildern für ein Panorama). Tsang, 1939 Foto: Felice Boffa Ballaran // (oben rechts) Guiseppe Tucci und Eugenio Ghersi mit Mitgliedern der Expedition von 1933. Indien, Kunzum-la, 1933 Foto: unbekannt // (Mitte links) Tucci, Regolo Moise und Pietro Francesco Mele mit anderen in Zentraltibet. Tibet, 1948 Foto: Prodhan (?) // (Mitte rechts) Guiseppe Tucci und Felice Boffa Ballaran. Gangtok, Sikkim, 1939 Foto: Giulia Nuvoloni // (unten links) Tucci und Ghersi im Lager in Westtibet, 1933 Foto: Selbstauslöser // (unten rechts) Alchi, mit Öllampe beleuchtetes Wandgemälde. Alchi, Ladakh 1935 Foto: Eugenio Ghersi

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Ausstellungsposter IV

Auf Tuccis Spuren

Im Jahre 1991 folgte eine gemeinsame Expedition des Istituto italiano per il Medio ed Estremo Oriente (IsMEO), dem Giuseppe Tucci von 1947 bis 1978 als Präsident vorstand, und der Universität Wien unter der Leitung von Ernst Steinkellner (assistiert von Deborah Klimburg-Salter) der Reiseroute Tuccis durch den indischen Teil des Himalaya. Als Grundlage dienten dabei Tuccis Aufzeichnungen sowie die Fotografien und handgezeichneten Karten von Eugenio Ghersi. Ziel dieser ersten umfangreichen Reise in das ehemalige Königreich Guge waren sowohl die Identifizierung und Dokumentation der 60 Jahre zuvor von Tucci besuchten Stätten und Monumente, wie auch die wissenschaftliche Aufarbeitung der archäologischen und epigraphischen Evidenz, zu der der italienische Forscher bereits wichtige Vorarbeiten geleistet hatte. 1993 führte eine weitere Feldforschungsreise in das Autonome Gebiet Tibet zu den Klöstern Tsaparang und Tholing, zwei der wichtigsten religiösen Zentren des 11. Jahrhunderts. Ganz im Sinne Tuccis sind die Reisen des Wiener Forschungsteams in den Himalaya und die Studien der Kunst- und Kulturdenkmäler auch heute noch als ein Beitrag zur Bekanntmachung und Bewahrung des kulturellen Erbes dieser Region zu sehen.

Bildnachweis

(oben) Ansicht von Tholing. Tibet, Ngari, 1933 Foto: Eugenio Ghersi // (Mitte) Die österreichische Expeditionsleitung Ernst Steinkellner und Deborah Klimburg-Salter mit dem Abt Geshe Sonam Wangdu und Mönchen in Tabo. Indien, Spiti, 1991 Foto: Deborah Klimburg-Salter // (unten links) Blick auf Tholing. Tibet, Ngari, 1993 Foto: Christian Luczanits // Straße zwischen Hamsa und Hal. Indien, Spiti, 1991 Foto: Christian Luczanits // Deborah Klimburg-Salter auf dem Kunzam la. Indien, Spiti, 1991 Foto: Deborah Klimburg-Salter

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Ausstellungsposter V

Tabo

Das Kloster Tabo in Spiti (Himachal Pradesh) wurde ca. 996 durch die Dynastie der Könige von Guge gegründet. Der historische Komplex wird durch eine Mauer vom Ort und den modernen Klostergebäuden abgegrenzt. Die neun Tempel und eine Vielzahl von Reliquienschreinen wurden zwischen dem späten 10. und dem 17. Jahrhundert errichtet. Tabo gilt als das älteste kontinuierlich bewohnte buddhistische Kloster in Indien und im Himalayagebiet mit ursprünglicher Dekoration und intaktem ikonographischen Programm. Um die komplexen Rituale und Liturgien des Vajrayana Buddhismus ausüben zu können, werden auch heute noch Künstler und Handwerker in den klostereigenen Werkstätten in der Fertigung von Butterskulpturen und Rollbildern geschult. Die Tradition der wissenschaftlichen Erforschung des Klosters Tabo, die mit Tuccis Reise 1933 ihren Anfang nahm, wird seit 1978 kontinuierlich von WissenschaftlerInnen der Universität Wien in diversen Forschungsprojekten fortgesetzt. Aktuell wurde in 2015 eine Untersuchung zum Einfluss von Bön, der vor-buddhistischen Religion Tibets, auf die früheste visuelle Ausgestaltung des Klosters und auf die traditionelle Herstellung von ephemerer Ritualkunst – den sogenannten Tormas – durchgeführt. Mit neuen Technologien wurden darüberhinaus Wandmalereien auf ältere Schichten untersucht.

Bildnachweis

(oben) Tabo. Indien, Spiti 2015 Foto: Uwe Niebuhr // (Mitte) Tabo. Indien, Spiti 1933 Foto: Eugenio Ghersi // (unten, von links nach rechts) Tabo, Versammlungshalle, Haupttempel. Indien, Spiti 2015 Foto: Uwe Niebuhr // Aufbau der Ultraviolettanlage zur Tiefenschichtenanalyse, Vorhalle, Haupttempel Tabo. 2015 Foto: Deborah Klimburg-Salter // Mönch bei der Rezitation im Tempel der Schutzgottheiten. Indien, Spiti 2015 Foto: Uwe Niebuhr // Lehmskulptur in der Versammlungshalle, Haupttempel, Tabo. Indien, Spiti 2015 Foto: Uwe Niebuhr

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Ausstellungsposter VI

Tormas

Die aus Gerstenmehl, Wasser und Butter hergestellten Tormas (Tibetisch: gtor ma) sind ein allgegenwärtiges Merkmal des tibetischen Buddhismus und der Bön Religion. Tormas unterscheiden sich in Form, Farbe und Größe und sind oft mit farbiger Butter dekoriert. Während des Rituals werden Tormas auf einem Altar platziert und entsprechen dort einer bestimmten Gottheit oder finden direkt im Ablauf einer Ritualzeremonie ihre Anwendung. Innerhalb des vom FWF geförderten Forschungsprojektes »Text, Art and Performance in Bon Ritual« (2012–2016) unter der Leitung von Deborah Klimburg-Salter konnten während einer Ausstellung im Weltmuseum Wien und zwei Feldforschungsreisen nach Tabo und Kathmandu über 200 verschiedene Formen von Tormas dokumentiert werden. Das visuelle Material – 13500 Fotos insgesamt – wurde zur Langzeitarchvierung an das Western Himalaya Archive Vienna übergeben. Das Audio- und Videomaterial wird künftig im multimedialen Himalaya Archive Vienna (HAV) zur Verfügung gestellt. Die wissenschaftliche Auswertung ist bereits über die Projektseite http://www.univie.ac.at/bon zugänglich.

Bildnachweis

(oben) Schrein mit Tormas im Tempel der Schutzgottheiten, Kloster Tabo. Indien, Spiti, 2015 Foto: Uwe Niebuhr // (Mitte, von links nach rechts, Fotos: Christian Jahoda, Kloster Tabo, 2000) Skizze eines zentralen Tormas. // Herstellung des Tormas. // Bemalung des Tormas. // Installation des Tormas im Tempel der Schutzgottheiten. (untern, von links nach rechts, alle: Kloster Tabo) Bemalung der Tormaverzierungen. 1991 Foto: Deborah Klimburg-Salter // Banner mit der Darstellung eines Torma-Altars. 2000 Foto: C. Jahoda // Formen von Verzierungen. 2000 Foto: C. Jahoda

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Ausstellungsposter VII

Thangkas

Zwischen 1926 und 1954, auf seinen Expedition in Indien, Tibet und Nepal, sammelte Giuseppe Tucci zahlreiche Kunstobjekte und Manuskripte des tibetischen Kulturkreises, die er mit offizieller Genehmigung auch nach Italien ausführen durfte. 125 der schönsten und entweder durch Kauf oder als Geschenk erworbenen Thangkas – auf Stoff gemalte, in gemusterte Textilien eingefasste und zusammenrollbare Bildwerke – wurden dem Museo Nazionale d‘Arte Orientale übergeben. Die Sammlung repräsentiert in ihrer Gesamtheit die Vielfalt des buddhistischen Pantheons und der tibetischen Malerei über die Jahrhunderte hinweg. In seinem wegweisenden dreibändigen Werk »Tibetan Painted Scrolls« (1949) analysiert Tucci die einzelnen Thangkas und unterscheidet zwischen geographischer, chronologischer und konfessioneller Zuordnung – eine Klassifizierung, die mit einigen Abweichungen und Ergänzungen, bis heute Bestand hat. Da der Auffindungsort der transportablen Kultobjekte oftmals nicht identisch mit dem tatsächlichen Produktionsort ist, bedient sich die kunsthistorische Forschung der stilistischen Vergleichsanalyse mit Wandmalerei um Provenienz und Entstehungszeitraum einschränken zu können. Hinweise für eine ikonografische Identifizierung der dargestellten Personen und deren Ordenszugehörigkeit liefern unter anderem auch Inschriften auf Vorder- und Rückseite des Thangka.

Bildnachweis

(von links nach rechts): Grüne Tara. Mitt e 19. Jh., Mongolei, MNAO inv. 911/744 // Buddha Sakyamuni. 19. Jh., Zentraltibet (dBus), MNAO inv. 962/765 // Vajradhatumandala. 1875, Tibet, Lhasa, MNAO inv. 951/784

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Ausstellungsposter VIII
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Ausstellungsposter IX

Arhats

In fast jedem buddhistischen Tempel findet sich auch eine Darstellung der sechzehn Arhats, ob als Wandmalerei oder in Form einer Serie als Rollbilder, die links und rechts neben das zentrale Abbild des Buddha gehängt werden. Das Set, welches Tucci in der Nähe des südtibetischen Klosters Gyantse erwarb, besteht (nur noch) aus vierzehn Einzelbildern mit je einem sitzenden Arhat im Dreiviertelprofil. Als Arhat wird ein Anhänger Buddhas bezeichnet, der durch das Praktizieren des Buddhismus das Nirwana erreicht hat, also den Kreislauf des Leidens und der Wiedergeburt durchbrochen hat. Die sechzehn Arhats haben sowohl einen historischen als auch mythologischen Charakter: ersteres, da sie mehrheitlich als Zeitgenossen und Schüler des Buddha Sakyamuni und als reale Personen der buddhistischen Geschichtsschreibung angesehen werden. Gleichzeitig sollen sie die buddhistische Lehre bis zur Ankunft des Buddhas der Zukunft im nächsten Zeitalter schützen und besitzen daher eine kosmische Dimension. Die hier gezeigte Gruppe, welche von Tucci dem 17. Jahrhundert und Osttibet zugeschrieben wird, zeichnet sich durch eine besonders detaillierte und sorgfältige Behandlung der Figuren und vor allem der Landschaft in kräftigen, hellen und dunklen Blau- und Grüntönen aus. Die Thangkas folgen in ihrem Erscheinungsbild und ihrem visuellen Vokabular stark der chinesischen Tradition. Symbolhaft verweisen die felsige Landschaft , die kleinen Seen, Bäume und Blumen, wie auch die in jedem Bild vorhandenen Tiere (Affe, Drache, Elefant, Hirsch, Löwe, Tiger, Pfau, Kranich und Reiher) auf Weisheit, Stärke, hohes Alter und langes Leben der Arhats.

Bildnachweis

Gruppe der sechzehn Arhats (Auswahl), 17. Jh., Tibet, Kham (oben, von links nach rechts) Vajriputra Arhat. MNAO inv. 926/759 // Ajita Arhat. MNAO inv. 923/756 // Angaja Arhat. MNAO inv. 998/830 // Rahula Arhat. MNAO inv. 929/762 // Bakula Arhat. MNAO inv. 928/761 // Kanakabharadvaja Arhat. MNAO inv. 927/760 (unten, von links nach rechts) Cullapanthaka Arhat. MNAO inv. 930/763 // Vanavasin Arhat. MNAO inv. 924/757 // Kalika Arhat. MNAO inv. 925/758 // Pindola Bharadvaja Arhat. MNAO inv. 931/764 // Gopaka Arhat. MNAO inv. 934/767 // Panthaka Arhat. MNAO inv. 932/765

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Ausstellungsvitrine I: Cham Tänze, Foto: Seifert 2017

Vitrine I: Cham Tänze

Cham Tänze sind rituelle Kostüm- und Maskentänze des tibetischen Buddhismus und der Bön Religion, die zu kulturellen und religiösen Feiern und Festivals aufgeführt werden. Ihren Ursprung haben sie in den schamanischen Ritualen des Bön. Die Tänze werden von Gesang und einem Orchester aus Trompeten, Muschelhörnern, Trommeln und Becken, gespielt von Mönchen, begleitet. Die Tänzer bereiten sich schon Tage zuvor durch Fasten, Meditieren und Visualisieren der Gottheiten, die sie verkörpern, auf die Festlichkeiten vor. Oft treten zuvor unmaskierte Schwarzhut-Zauberer, die mit einem Ritualdolchen, dem sogenannten phurba, ausgestattet sind und den Tanzplatz von schlechten Einflüssen reinigen. Cham Mysterien können oft mehrere Tage dauern und sollen besonders zu jahreszeitlichen Festen wie Neujahr segensreiche Kräfte hervorrufen.

Cham Tänze im Weltmuseum Wien, Video: Uwe Niebuhr 2013 (WHAV)

Cham Tänze II

Im Februar 2013 wurde im Rahmen der Ausstellung »Bön – Geister aus Butter« im Weltmuseum Wien, Cham Tänze von Mönchen aus Nepal aufgeführt um die tibetischen Neujahrsrituale, die ein Monat lang live im Museum miterlebt werden konnten, einzuleiten. Die Ausstellung war eine Kooperation des Weltmuseums Wien und des FWF-Projekts »Text, Art and Performance in Bon Ritual« sowie des Center for Interdisciplinary Research and Documentation of Inner and South Asian Cultural History (CIRDIS), damals beide unter der Leitung von Deborah Klimburg-Salter.

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Chamkostüm: Maske, Foto: René Steyer 2017
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Chamkostüm: Stiefel, Foto: René Steyer 2017
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Chamkostüm: Kleid und Schürze, Photo: Foto Steyer 2017

Rituelle Kleidung eines Cham Tänzers

Originalkostüm eines Cham Tänzers bestehend aus Maske (Papiermaché), Robe, Schürze und Stiefel. Cham Tänze waren inhärenter Bestandteil der einmonatigen Ritualserie im Rahmen der Bön-Ausstellung im Weltmuseum Wien im Februar 2013. Die extra für die Tänzer angefertigten Kostüme gingen nach Ausstellungsende in den Besitz von CIRDIS über und werden seither in den Archivräumlichkeiten des Zentrums verwahrt.

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Federbusch
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Weihrauchgefäß
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Tsa-tsa-Formen
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Ritualdolch
Fotos: René Steyer 2017
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Altar mit Fadenkreuzen, Foto: Uwe Niebuhr 2013 (WHAV)

Ritualgegenstände aus Nepal

Eine kleine Auswahl der Ritualgegenstände, die im Rahmen der Ausstellung im Weltmuseum Wien bei den Zeremonien zum Einsatz kamen. Wie auch die Kostüme, sind diese nach Ausstellungsende in den Archivbestand von CIRDIS übergegangen.

Fächer aus Pfauenfedern, wird in Ritualvasen (tibetisch: bum pa) am Altar plaziert wird.

Weihrauchgefäß, dient der Darbringung von Rauchopfern (tibetisch: sang sol) zur rituellen Reinigung.

Tsa-Tsa Formen as Metall, für die Anfertigung von kleinen Votivobjekten aus Lehm (tibetisch: Tsa-tsa).

Ritualdolch (tibetisch: phur ba), dreiblättrig mit Schlangenornamenten. Der Ritualdolch wird unter anderem im Rahmen der Cham Tänze zur Reinigung des Ritualplatzes verwendet.

Fandenkreuz (tibetisch: nam kha'), besteht aus einem mit einem Fadengeflecht verbundenen Holzkreuz. Sie dienen vorallem der Abwehr von zornvollen Dämonen und hagelbringenden Geistern.

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Ausstellungsvitrine II: Thangkas, Foto: Seifert 2017

Vitrine II: Thangkas

Thangkas (tib.: thang ka oder thang ga) sind tibetische Rollbilder, meist auf Leinen, aber auch auf Seide gemalt. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt in Tibet sowie in Teilen Nepals und Indiens, dort vorallem in den tibetischen Grenzgebieten. Ihre Inhalte – Gottheiten aus dem jeweiligen Buddhistischen oder Bon Pantheon, wichtige religiöse Persönlichkeiten oder Begebenheiten sowie allgemeine Systematiken – unterliegen exakt vorgeschriebenen ikonografischen Regeln. Thangkas finden sich sowohl in Tempeln als auch in Haus- und mobilen Altaren und dienen als Meditationshilfe. Als solche kommt ihnen auch im Rahmen von Ritualen besondere Bedeutung zu.

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Tabo Malschule
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Thangka: Mahakala, Foto: René Steyer 2017
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Thangka: Mahakala (Detail), Foto: René Steyer 2017

Tabo Malschule

Das Kloster Tabo ist ein integraler Teil der lokalen Dorfgemeinschaft und aktiv in der Förderung verschiedener Projekte involviert. Ein Hauptaugenmerk gilt der Ausbildung der jüngsten Generation, wovon die Errichtung der Serkong Primary School zeugt. Ziel ist aber auch die kulturelle Tradition, wie das Studium und die Anwendung von buddhistischer Philosophie, Sprache und Kunst, im Bewusstsein der Bevölkerung zu wecken und diese zu bewahren. Die Malschule von Tabo folgt dieser Ideologie und bildet nicht nur junge Mönche, sondern auch Laien in der Tradition der Thangka- und Wandmalerei aus. Die Anfertigung religiöser Bildnisse ist ein ritueller und spiritueller Akt, der genauen Richtlinien und Regeln folgt. Die Darstellungen folgen genauen ikonografischen und ikonometrischen Vorgaben, die sich über Jahrhunderte hinweg erhalten haben.

MAHAKALA (mGon po)

Tabo, Mitte 20. Jahrhundert
Privatbesitz

Der Mahakala ist eine zornvolle Manifestation des Mitgefühls, verkörpert durch den Bodhisattva Avalokitesvara, und gilt als einer der Beschützer der buddhistischen Lehre (Dharmapala). Er stammt aus dem Hinduismus, wo er sich als zornvoller Aspekt des Gottes Siva manifestiert, und wurde in Tibet und der Mongolei in das buddhistische Pantheon integriert. Ein Thangka ist Hilfsmittel für die Meditation und ein Stütze zur Visualisierung der Gottheiten. Das Rollbild besteht nicht nur aus dem auf Leinen oder Seide gemalten oder applizierten Bild eines Buddha, Bodhisattva, Lama oder einer Schutzgottheit, sondern besitzt auch einen Rahmen aus Textilien, die in ihrer Form und Musterung nicht nur eine symbolhafte Komponente besitzen, sondern auch Aufschluss über Provenienz und Datierung des Ritualobjekts liefern können.

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Thangkas aus dem Westlichen Tibet

Thangkas aus dem Westlichen Tibet

Auf seinen Reisen durch den Großraum Ngari, wo im 10. Jahrhundert das Königreich Guge entstand und welches sich im Gebiet des heutigen indischen Distrikts Spiti und des tibetischen Regierungsbezirks Ngari erstreckte, konnte Giuseppe Tucci einige Rollbilder für seine Sammlung erwerben. Alle Objekte sind sowohl stilistisch als auch ikonograf sch von besonderer Relevanz und Qualität und spiegeln die religiöse und künstlerische Tradition der Region wider. Die Gruppe der Thangkas aus dem west ibetischen Raum wurde von Tucci als »Guge Schule« klassifiziert und ist im Wesentlichen dem späten 15. und 16 Jahrhundert zuzurechnen. In dieser Zeit erlebte das Königreich eine Blütezeit und es entstand eine rege Bautätigkeit, von der auch die Klosteranlage Tabo prof tierte. Stilistisch zeichnen sich die Malereien dieser Zeit durch eine Verwendung von visuellem Vokabular der kashmirischen Kunst aus – wie beispielsweise die runde Gesichtsform der Figuren oder die Drapierung der Gewänder.

Bildnachweis

(oben links) Garuda. 16. Jh. Nako, Indien, MNAO inv. 964/797 // (oben rechts) Drikungpa oder Drukpa Kagyu Lama. 16. Jh., Luk (?), Tibet, MNAO inv. 966/799 // (unten) Guru Rinpoche. 16.–17. Jh., Daankar, Indien, MNAO inv. 1000/833