Konkordanz der Bildseiten der Handschriften von
Udalricus Campililiensis (Ulrich von Lilienfeld), Concordantiae caritatis
Zusammengestellt von Martin Roland
Lilienfeld, Stiftsbibliothek,
Cod. 151 – Verhaeltnis der beiden Meister
Von besonderem Interesse fuer den Entstehungsprozess der Lilienfelder Concordantiae ist das Verhaeltnis dieser beiden Meister.
Auf Grund der kodikologischen
Gegebenheiten scheint mir nur eine Erklaerung für den Produktionsablauf
vorstellbar. Der ,Fortschrittliche Meister‘ hat seine drei Gruppen
gleichsam als ,Modelli‘ gefertigt, die dann dem Hauptmeister als
Richtschnur gedient haben.
Fuer diese Behauptung lassen sich
bei genauerem Studium gute Argumente vorbringen: Die verschiedenen
Gewandtypen des ‚Fortschrittlichen Meisters‘ werden vom Hauptmeister
vereinfacht uebernommen. Wenn wir den Typus der ,reichen Gewandfigur‘ betrachten, dann war z.
B. Petrus auf fol. 81v (Bild)
oder der Racheengel auf derselben Seite vorbildhaft fuer den Priester
auf fol. 173v (Bild) oder den Erzengel Michael auf fol. 215v (Bild).
Freilich gelingt es dem Hauptmeister nicht, das Gewand glaubhaft um den
vom ‚Fortschrittlichen Meister‘ als plastisches Gebilde verstandenen,
darunter befindlichen Koerper zu legen.
Auch die dutzendfach
wiederholten Schuesselfalten im Hueftbereich konnte der Hauptmeister auf
den drei Seiten des ‚Fortschrittlichen Meisters‘ finden: man vergleiche
z. B. den linken Bruder des Josef (fol. 80v – Bild) mit dem vordersten
Soldaten mit dem Ananias auf fol. 25v spricht (Bild). Wieder gelingt es
dem Hauptmeister nicht alle Qualitaeten der Vorlage zu bewahren, hier
mangelt es vor allem an der glaubhaften Bewegung im Raum.
Das
einfach zu Boden fließende Gewand (z. B. Christus fol. 80v – Bild)
uebernimmt der Hauptmeister ebenfalls recht genau: vgl. den Christus auf
fol. 65v (Bild). Am seltensten wagt er sich ueber heftig bewegte
Figuren, die oft in kuerzere Gewaender gekleidet sind: man vergleiche die
beiden Streitenden (fol. 81v – Bild) mit den beiden Figuren des ersten
Naturbeispiels auf fol. 160v (Bild); aehnlich auch die Figuren des
zweiten Naturbeispiels zum Martyrium des hl. Florian auf fol. 180v (Bild).
Das
deutlichste Beispiel ist jedoch das vom Hauptmeister geschaffene Hauptmedaillon auf fol. 82v (Bild),
einem Einzelblatt, das mit einem Falz um das davor stehende Doppelblatt
des ‚Fortschrittlichen Meisters‘ gebunden ist. Nicht nur die Figur
Christi mit ihren fliessenden Gewaendern und der charakteristischen
Handhaltung stimmt ueberein (vgl. fol. 80v – Bild), sondern hier bemueht
sich der Hauptmeister auch, die drastischen Figuren seines Vorbildes zu
wiederholen, freilich mit bloss bescheidenem Erfolg. Immerhin kommen
vergleichbare Elemente wie die labilen Standmotive, die in sich
gedrehten Koerper und die charakteristische Schuesselfalte bei der Huefte
vor, die er – und das ist für diese Szene einmalig – so wie sein
Vorbild zu dem faltenlosen Oberkoerper in Kontrast setzt. Beim rechten
oberen Propheten koennen wir die für die Gewandfiguren des
‚Fortschrittlichen Meisters‘ so charakteristischen horizontalen Falten
über dem Oberkoerper (z. B. Racheengel fol. 81v – Bild) erkennen.
Es
gibt aber auch Hinweise, daß das Vorlagenmaterial ursprünglich
umfangreicher war. Die von hinten gesehene Figur Aarons auf fol. 188v
(Bild) ist so ungewoehnlich, dass wir sie dem Hauptmeister nicht
zutrauen wuerden, haette er nicht eine Anregung dazu verwenden koennen.
Der von hinten gesehene Ijob (Job) im linken unteren Medaillon auf fol.
96v (Bild) waere als Vorbild zwar vorstellbar, wahrscheinlicher bleibt
aber eine heute nicht mehr erhaltene Vorlage einer ganzen, von hinten
gesehenen Figur.
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