Besessenheit im Heike monogatari

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Hauptsächlich handelt das mittelalterliche Krieger-Epos (jap. gunki monogatari 軍記物語) Heike monogatari 平家物語 (dt. „Erzählungen von den Heike“) von dem politischen beziehungsweise militärischen Konflikt zwischen dem Taira- (auch Heike 平家) und dem Minamoto-Klan (auch Genji 源氏). Schlussendlich gingen im Laufe dieses Konflikts die Taira unter und die siegreichen Minamoto etablierten eine Militärregierung (bakufu 幕府) in Kamakura 鎌倉 im Osten von Japan. Das Heike monogatari ist in verschiedenen Fassungen überliefert, die alle erst im Laufe der Zeit aus zunächst oral tradierten Texten kompiliert und niedergeschrieben wurden. Somit sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass auch wenn größten Teils historische Geschehnisse beschrieben werden, diese jedoch immer im Rahmen dieses literarischen Werkes narrativ ausgeschmückt wurden und damit auch von der Sichtweise der jeweiligen Kompilatoren beziehungsweise Verfasser geprägt sind (Schneider 2000:18-19).

Neben den direkten kriegerischen Konfrontationen der beiden Fraktionen werden aber auch einige unterschiedliche Topoi behandelt und in die Geschichte hineingewoben. So finden sich zum Beispiel auch einige Liebeserzählungen oder Vergleiche zu vergangen Zeiten der japanischen oder chinesischen Geschichte. Ebenfalls wurden in die Heike-Texttradition einige Episoden, in denen Begegnungen mit übernatürlichen Begebenheiten geschildert werden, aufgenommen und ausformuliert.

Besessenheit

Unter Besessenheit (jap. hyōi 憑依) wird im Folgenden ein zugeschriebener Zustand verstanden, in dem eine übernatürliche Kraft, ein Geist oder eine Gottheit in den Körper eines Menschen fährt und dadurch unterschiedliche Umstände hervorruft. Der Mensch, von dem diese übernatürliche Entität Besitz ergreift, wird als „Medium“ bezeichnet. Um die unterschiedlichen Umstände, durch die sich eine solche Besessenheit äußert, zu unterscheiden, gibt es verschiedene Merkmale. Eine sinnvolle Unterscheidungsmöglichkeit ist, ob eine Besessenheit vom Medium selbst herbeigerufen wurde und somit ein freiwillig hervorgerufener (solicited) Akt des Mediums ist, oder ob das Medium ohne dessen Absicht in einen Besessenheitszustand verfällt und dieser Akt somit ein unfreiwillig hervorgerufener (unsolicited) Akt ist. Diese Unterscheidung steht meistens, aber nicht immer, damit in Verbindung, ob das Resultat der Besessenheit ein grundsätzlich wünschenswertes oder eher ein schädigendes Ergebnis ist. (Staemmler 2009:22).

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, ob es sich um eine kontrollierte oder unkontrollierte Besessenheitsform handelt. Hiermit ist gemeint, ob das Medium grundsätzlich Kontrolle über die Ausprägungen der Besessenheit hat oder nicht. Eine unfreiwillig hervorgerufene, kontrollierte Besessenheit würde also zum Beispiel bedeuten, dass das Medium die besitzergreifende übernatürliche Entität zwar nicht bewusst hervorruft, aber im Fall der Besessenheit weiterhin mehr oder weniger Kontrolle über den Verlauf der Besessenheit hat und somit sogar in manchen Fällen die Besessenheit von sich heraus beenden kann. Dies ist zum Beispiel oft bei prophetischen Visionserscheinungen der Fall (Staemmler 2009:23).

Auch kann es sinnvoll sein, unterschiedliche Ausprägungen dahingegen zu differenzieren, aus welcher sozialen Schicht eine mediumistische Erfahrung entspringt. Hierbei wird zwischen einer zentralen beziehungsweise einer peripheren Besessenheit unterschieden. Eine zentrale Besessenheit ist normalerweise Teil des vorrangigen spirituellen Kultes einer Gesellschaft und dient zur Aufrechterhaltung einer sozialen Ordnung. Eine periphere Besessenheit würden normalerweise Angehörige einer eher niedrigen sozialen Schicht erhalten, wodurch sich ein gewisser Widerstand gegen die vorrangige soziale Ordnung ausdrücken würde (Staemmler 2009:24-25). Der Aspekt der sozialen Differenzierung spielt in der folgenden Auseinandersetzung aber nur eine nebensächliche Rolle.

Ein weiterer Aspekt zur Unterscheidung stellt auch die besitzergreifende Entität selbst dar. Meist steht diese ebenfalls in Verbindung zu dem letztendlichen Resultat der Besessenheit. Handelt es sich um einen erfreulichen Ausgang, so handelt es sich meist um eine wohlwollende Gottheit. Handelt es sich im Gegensatz aber um ein eher unerfreuliches Ergebnis der Besessenheit, wie einer Krankheit, so wird dies meist als Besessenheit einer böswilligen Entität beziehungsweise Gottheit gesehen.

Durch diese Unterscheidungen nennt die deutsche Japanologin Birgit Staemmler vier Hauptarten, durch die sich Besessenheit ausdrückt: (die folgende Aufzählung folgt Staemmler 2009:23-24)

1. Unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit durch eine böswillige Entität, welche sich in Form einer Krankheit oder unkontrollierbarer Trance manifestiert. Diese wird negativ gedeutet und die besitzergreifende Entität muss exorziert oder beschwichtigt werden.

2. Unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit durch eine wohlwollende Entität, welche sich in Form einer kontrollierbaren Trance eines Propheten für diese Entität äußert.

3. Unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit, die sich als Trance in Kombination anderer Symptome äußert, welche als Zeichen zur Berufung eines professionellen Mediums zur Initiation verstanden wird. Infolge dessen soll der Berufene seinen Geist stärken und dadurch zu einem religiösen Spezialisten werden.

4. Freiwillig hervorgerufene Besessenheit, welche von einem religiösen Spezialisten bewusst ausgelöst wird, um seinen Tätigkeiten als solcher nachzugehen und damit spirituelle Unordnung durch Kommunikation mit übernatürlichen Entitäten wieder in Ordnung zu bringen.

In Bezug auf die ‘‘Kakuichi-bon‘‘-Fassung (覚一本 1372) des ‘‘Heike monogatari‘‘ sind eigentlich nur die erste und zweite Ausprägung von Belangen.

Unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit durch böswillige Entitäten

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Unfreiwillig hervorgerufene Besessenheit durch wohlwollende Entitäten

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