Vorlesungs­verzeichnis

NdL: Georg Trakl

100109 PS 2021S

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Vortragende:

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Trakl ist als literarischer Vorreiter der Existenzphilosophie gesehen worden. Vom Expressionismus geprägt, beschreibt er Erfahrungen, die er mit den Philosophen der Existenz gemeinsam hat. Die gesellschaftliche Entfremdung, die die meist bürgerlichen Künstler vom Bürgertum erfuhren, ist eines der expressionistischen Leitmotive. An den erstarrten Gesellschaftskonventionen knüpfte später Heidegger mit seinem Begriff des ‚Man‘ an, aber auch Sartre mit seinem Existentialismus. Anz spricht für die Zeit „um 1910“ von einem „Dichtungstyp“, dem es „um die Darstellung und Vermittlung“ von „Negativerfahrungen geht“ (3). Anz, der hierfür den Begriff der „‚Literatur der Existenz‘“ gebraucht, verfolgt damit die „Absicht“, zwischen dieser und der „späteren Existenzphilosophie einen engen historischen Zusammenhang anzudeuten“ (ebd.). Ein Beispiel für einen späteren Autor, der auch von Heidegger beeinflusst wurde, ist Musil. Er versah nicht zuletzt die starren Konventionen mit dem Attribut des ‚Seinesgleichen‘.
Die Frage, die sich im Zuge einer Motivsichtung stellt, ist, ob sich mit Trakls Werk, neben der Beschreibung von sozialen Verfallserscheinungen, auch ein ontologischer bzw. metaphysischer Anspruch transportiert. Während die Methode des ‚close reading‘ relevante Glaubensmotive freilegt, bestätigt ein ‚wide reading‘, das die Biografie Trakls einbegreift, einen religiösen Einfluss. Letztlich ist der Autor jener Riege der Dekadenzdichter zuzurechnen, die den Zerfall der habsburgischen Vielvölkermonarchie antizipierte.
Der Empfindungswelt kommt den Literaturhistorikern zufolge eine entscheidende Bedeutung zu. Hätten die Expressionisten doch letztlich Versuche unternommen, die gesellschaftlichen Bedingungen durch Anwendung ihrer Geisteskräfte zu verändern. Ob diese positive Sicht auf die schwarze Seele, die oftmals vorlag, im Fall der österreichischen Vertreter des Expressionismus zulässig ist, wird Gegenstand der Erörterung sein.

 

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

1. Regelmäßige Mitarbeit
2. Schriftliche Übungsaufgaben
3. Erstellung einer Kurzpräsentation
4. Proseminararbeit

 

Literatur

– Thomas Anz: Literatur der Existenz. Literarische Psychopathographie und ihre soziale Bedeutung im Frühexpressionismus (= Germanistische Abhandlungen; 46). Diss. München 1976. Stuttgart: Metzler 1977

– Otto Basil: Georg Trakl. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. 17. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1999

– Hans-Georg Kemper (Hg.): Gedichte von Georg Trakl. Stuttgart: Reclam 1999

– Georg Trakl: Dichtungen und Briefe. Hg. von Hans Weichselbaum. Salzburg: Müller 2020

– Gernot Wimmer: Österreichische Wahrsager des Expressionismus: Endzeitglaube und Weltgericht bei Franz Kafka, Georg Trakl und Karl Kraus. In: Der Erste Weltkrieg auf dem deutsch-europäischen Literaturfeld (= Schriften der Group2012; 2). Hg. von Bernd Neumann und dems. Köln [u.a.]: Böhlau 2017, S. 35–64

 

Prüfungsstoff

Siehe Pkte. zur Leistungskontrolle und Literatur

 

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen aus dem Angebot der SPL10 sind grundsätzlich anwesenheitspflichtig.

Umfang der Abschlussarbeiten: Proseminararbeiten 15 Seiten Haupttext