Vorlesungs­verzeichnis

Masterseminar NdL: Das Wissen (von) der Fälschung

100192 SE 2019W

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Moodle

Vortragende:

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Zum prominenten Gegenstand von Fälschungen ist die Literatur geworden, seitdem es ihr um Authentizitätsansprüche, etwa um Fragen der Autorschaft ging. Von jeher aber kann man sie als einen wissensgeschichtlichen Seismographen verstehen, der die ‚diskurskritische‘ Wirkung unterschiedlichster Fälschungen registriert. Wenn eine ‚Fälschung‘ nicht nur eine zu betrügerischen Zwecken vorgenommene Nachbildung oder Veränderung einer Sache ist, sondern auf Sachverhalte, auf falsche Deklarationen und irrige Zuschreibungen zielt, besteht sie letztlich in Sprech- und Schreibakten, welche Authentizität oder Autorität, Originalität oder Faktizität generieren sollen. Gerade als Wahrheitsspiel (auf dem Feld des Literatur- oder Kunstmarkts, der Wissenschaft oder in der Sphäre amtlicher Dokumente) und als implizite Verfahrenskritik (herrschender Theorien und Praktiken, Konventionen oder Erwartungen) ist die Fälschung zum Thema der Literatur geworden.

Neben klassischen Positionen zur Originalität und Fälschbarkeit von Dichtung wird das Seminar zunächst die Rolle der Philologie als Fälschungsdetektion thematisieren. In einem weiteren Schritt wird es neuzeitliche Autorschafts- und Fiktionskonzepte skizzieren, um sich dann dem ‚Fälschungsoriginal‘ schlechthin, Macphersons ossianischen ‚Übersetzungen‘ zu widmen. Vor diesem Hintergrund werden fiktionale Reflexionen literarischer und künstlerischer Fälschung (von Jean Paul bis Georges Perec, William Gaddis oder Wolfgang Hildesheimer) untersucht, ehe sich das Seminar ‚diskurskritischen‘ Fälschungen in den Bereichen von Ökonomie und Historiographie zuwendet, etwa bei Charles Baudelaire, bei André Gide und im Fall von Binjamin Wilkomirskis ‚Pseudoerinnerungen’. Abschließend sollen Verfahren der schöpferischen oder auch paranoiden Fälschung, des ‚Fake’ im heutigen Sinne, problematisiert werden, nämlich in den "Protokollen der Weisen von Zion" ebenso wie im Medium des (Fernseh-)Films: in Orson Welles "F for Fake" und William Karels "Opération lune".

 

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

- Lektüre entsprechend des Seminarplans
- Impulsreferat und Teilnahme in Expertengruppe mit Diskussionsleitung
- Erstellung eines Handouts und von 4 Leitfragen für die Diskussion
- Seminararbeit im Umfang von 25 Seiten, Abgabe bis April 2020 in gedruckter und elektronischer Form

 

Literatur

Mit wenigen Ausnahmen werden sämtliche Texte über Moodle bereitgestellt.

Literaturhinweis: Anne-Kathrin Reulecke, Täuschend, ähnlich: Fälschung und Plagiat als Figuren des Wissens in Literatur und Wissenschaften, Paderborn 2016.

 

Prüfungsstoff

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

 

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

- im Seminar: sachlich pointiertes Impulsreferat; kompetente Diskussionsleitung; aktive Teilnahme an sämtlichen Sitzungen
- Seminararbeit: originelle Themenwahl und klare Fragestellung; Erschließung des aktuellen Forschungsstands; Orthographie, sprachliche Form, Stil; Berücksichtigung wissenschaftlicher Konventionen; Methodenbewusstsein; theoretischer Hintergrund